Panaque suttoni oder Panaque suttonorum

Nicht selten wurden Harnischwelse als Panaque suttoni für sehr, sehr viel Geld verkauft obwohl dieses kein valider Artname ist. Laufen wir einem Gespenst hinterher? Sind Panaque suttoni und Panaque suttonorum nur eine Art?
Panaque cochliodon ein sehr guter Bekannter. Was hat es mit den Blauaugen-Harnischwelsen auf sich?

Panaque suttoni wurde wissenschaftlich beschrieben

Im Februar 1944 schrieb Leonard P. Schulz „The catfishes of Venezuela, with descriptions of thirty-eight new forms“. Diese Arbeit wurde in “Proceedings of the Unided States National Museum”, Volume 94 (pp. 173 – 338) veröffentlicht.

Ab Seite 308 wird die Art Panaque suttoni als neue Art beschrieben. Der Holotype hatte eine Standardlänge von 28 cm, eine Totallänge von 37,3 cm und wurde von Leonard P. Schultz im März 1942 im Rio Negro, nahe der Mündung des Río Yasa im Maracaibo-Becken gefangen.

Paratypen stammen vom gleichen Habitat wie der Holotype bzw. vom Río Motatán nördlich von der Ortschaft Motatán, ebenfalls im Maracaibo-Becken.

Den Namen vergibt Leonard p. Schultz zu ehren von „Dr. and Mrs. Frederick A. Sutton“

In der Erstbeschreibung finden wir auch eine Darstellung von Panaque suttoni: siehe Titelbild.


Panaque suttonorum (dunkelgrau) – Panaque cochliodon (blau)

 

Panaque cochliodon ein alter Bekannter

Panaque cochliodon ist in Zusammenhang mit Panaque suttoni von besonderem Interesse, haben beide Arten neben einem dunkelgrauen bis schwarzen Körper leuchtend blaue Augen. Sie werden daher auch als Blauaugen-Harnischwelse bezeichnet.

Franz Steindachner beschrieb 1879 Chaetostomus cochliodon in „Ichthyologische Beiträge, VIII“ (Anzeiger der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe, Vol. 16, S. 194.)

Ein Jahr später lässt er eine überarbeitete Beschreibung in „Zur Fisch-Fauna des Cauca und der Flüsse Guayaquil“ (Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Volume 42, S. 63) veröffentlichen. Hier wird für cochliodon auch das synonym gibbosus (Panaque gibbosus) eingeführt. Der Grund ist wohl, dass der Name bereits 1854 von Heckel (Heckel in Kner, 1854) für die gleichnamige Gattung Cochliodon verwendet wurde.

10 Jahre später erstellten Carl H. Eigenmann & Rosa S. Eigenmann die Gattung Panaque in „Preliminary notes on South American Nematognathi, II“ (Proceedings of the California Academy of Sciences, Vol. 2, S. 28 ff.). Sie übernehmen Chaetostomus cochliodon In die neue Gattung, also ab diesem Zeitpunkt Panaque cochliodon.

Chaetostomus cochliodon / Chaetostomus gibbosus (Panaque cochliodon) - Darstellung in Steindachner, 1880
Chaetostomus cochliodon / Chaetostomus gibbosus (Panaque cochliodon) – Darstellung in Steindachner, 1880

Panaque suttoni und Panaque cochliodon erstmals gegenübergestellt

Wie üblich wird auch in der Erstbeschreibung von Panaque suttoni der Vergleich mit Panaque gibbosus (alias Panaque cochliodon) festgehalten. So heißt es dort im direkten Vergleich

Panaque gibbosus
(Panaque cochliodon)

Panaque suttoni
(Panaque suttonorum)

Anzahl Zähne im Oberkiefer

8

7 – 9

Anzahl Zähne im Unterkiefer

8

6 – 8

Anzahl Knochenplatten in der Seitenlinie

26

26 – 27

Anzahl Knochenplatten von Dorsale bis Adipose

6

5 – 6

Anzahl Knochenplatten Anale zu Schwanzansatz

12

12 -13

Chaetostomus cochliodon, Steindachner, 1879 in Darstellung von 1880
Chaetostomus cochliodon / Chaetostomus gibbosus in Steindachner, 1880, „Zur Fisch-Fauna des Rio Cauca …“

Panaque suttoni, Schultz, 1944
Panaque suttoni, Schulz, 1944 in „The catfisches of Venezuela, …“

Weiter schreibt Leonard P. Schulz, dass die neue Art Panaque suttoni eng verwandt mit Panaque gibbosus sei, jedoch einen robusteren Körper hat. Panaque suttoni habe an der Basis der Rückenflossen eine Länge von 25 – 27,3% der Standardlänge, die Länge des Schwanzstiels betrage 35,7 – 40,0 % der Länge. Im Gegensatz haben bei Panaque gibbosus an der Basis der Rückenflosse eine Länge von etwa 22,3% und der Schwanzstiel 33,3 – 38,8% der Standardlänge.

Der Wechsel zu Panaque suttonorum

1980 können wir bei Isaäk J. H. Isbrücker in „Classification and catalogue of the mailed Loricariidae (Pisces, Siluriformes)“ (S. 75) noch Panaque suttoni finden. Auch in „Peces del Catatumbo“ von G. Galvis, J. I. Mojica und M. Camargo aus dem Jahre 1997 gilt Panaque suttoni als valid. Allerdings wurde hier ein Bild von Panaque cochliodon veröffentlicht.

2001 wurde im DATZ Sonderheft „Harnischwelse 2“ die “Nomenklator der Gattungen und Arten der Harnischwelse, Famile Loricariidae Rafinesque, 1815 (Teleostei, Ostariophysi)” (S. 30) von Isaäk J. H. Isbrücker veröffentlich. In dieser finden wir wohl erstmals den Hinweis, dass Panaque suttoni durch Panaque suttonorum ersetzt wurde.

Hintergrund ist, dass „Dr. and Mrs. Frederick A. Sutton“ aus der Erstbeschreibung (siehe oben) für Dr. F. A. Sutton und Mrs. Sutton stehen, also die Mehrzahl darstellen. Im Lateinisch und damit in wissenschaftlichen Beschreibungen ist dafür die korrekte Endung –orum. Lateinisch korrekt ist daher die Artbezeichnung Panaque suttonorum.

Panaque suttoni als Geist?

In der Literatur wurde oft nicht gründlich auf den Unterschied zwischen Panaque cochliodon und Panaque suttoni geachtet. Es wurden Bilder von Panaque cochliodon mit der Bezeichnung Panaque suttoni veröffentlicht.

Den Namenswechsel haben wohl auch nicht alle realisiert, realisieren wollen?

In dem Gebiet, in dem Panaque suttonorum sein Habitat hat (Río Negro-Einzug im Nordwesten Venezuela, am Lago Maracaibo) hatten die FARC-Rebellen während des viele Jahre dauernden Krieges in Kolumbien ein Rückzugsgebiet. Der Weg in dieses Gebiet war lebensgefährlich. Von Entführungen und Ermordungen in dieser Region wurde in Presse und Rundfunk öfters berichtet.

Wer mag Panaque suttoni bzw. nun Panaque suttonorum anhand der oben gegeben Beschreibung auf Anhieb auseinander halten, wenn man noch nicht einmal ein Vergleichsexemplar zur Hand hat? Findige Verkäufer nutzten um das Jahr 2000 diesen Umstand, um Panaque cochliodon besonders „preisgünstig“ als Panaque suttoni zu verkaufen. Wer mag auch nicht einsehen, dass die im Kriegsgebiet unter Lebensgefahr gefangenen Fische „etwas“ teurer sind?

Beim Vergleich fand dann natürlich niemand einen wirklichen Unterschied zwischen dem was Panaque suttoni sein sollte und was Panaque cochliodon war. So entstand der Mythos des Geistes für Panaque suttoni.

Panaque suttonorum vs. Panaque cochliodon

Ende 2008 / Anfang 2009 kam es zu einigen wenigen Exporten des echten Panaque suttonorum. Das war der Anfang für etwas Klarheit um die beiden Blauaugen-Harnischwelse.

So richtig aufgeräumt mit dem Thema wurde wohl in der „Revisiton of Panaque (Panaque), with Descriptions of Three New Species from the Amazon Basin (Siluriformes, Loricariidae“ 2010 durch Nathan K. Lujan, Max Hidalgo und Donald J. Stewart. Sie stellten beide Arten erneut gegenüber: Panaque cochliodon (Steindachner, 1879) S. 683 und Panaque suttonorum (Schultz, 1944) S. 697.

Die Unterschiede:

Panaque cochliodon

Panaque suttonorum

Supraoccipital-Höcker

vorhanden

fehlt

Augenfarbe

blau

bläulich

Winkel zwischen Interpremaximilaren

etwas weniger bis etwas mehr als 90°

etwas weniger als und bis  90°

Maxillarbarteln

kurz

lang

Anordnung der Odontoden auf den Knochenplatten

in Gruppen oder Reihen

in Reihen

Form der Caudale

sichelförmig

sichelförmig oder gegabelt

Postanal-Länge

32,5 – 36,0% der SL

26,0 – 31,3% der SL

Panaque cochliodon Foto: Rare Aquatics
Panaque cochliodon Foto: Rare Aquatics

Panaque suttonorum Foto: Donald Taphorn
Panaque suttonorum Foto: Donald Taphorn

Titelbild: Panaque suttoni, Schulz, 1944 (Darstellung in „The catfishes of Venezuela, with description of thirty-eight new forms“ Proceedings of the National Museum)

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