Ende 2006 habe ich eine Gruppe von acht Zonancistrus brachyurus (L 168) erworben.
Immer wieder gibt es Diskussionen, ob es sich nicht doch um Zonancistrus sp. „L 52“ handelt. Insbesondere nach erfolgreicher Vermehrung der Tiere habe ich tiefgründiger recherchiert und konnte keine fundierten Hinweise darauf finden, dass es sich bei den Tieren um Zonancistrus vom Río Atabapo handeln könnte.
Entsprechend den mir vorliegenden Informationen gehe ich heute davon aus, dass man später zu dem Schluss kommen wird, dass es sich bei „L 168“ und „L 52“ um eine Art, Zonancistrus brachyurus handelt. Insbesondere spricht auch dafür, dass wir im März 2012 am Río Atabapo auf Pseudolitoxus nicoi trafen, die eigentlich aus der Nähe des Río Casiquare beschrieben worden sind. Ein Vorkommen von Pseudolitoxus nicoi im Río Orinoco, zwischen dem Río Casiquare und der Mündung des Río Atabapo ist nicht bekannt. Es ist daher davon auszugehen, dass sich Pseudolithoxus nicoi nicht über den Río Orinoco soweit verbreitet hat. Es ist anzunehmen, dass es während der Regenzeit zusätzliche temporäre Verbindungen zwischen dem Río Casiquare und dem Río Atabapo gibt. Wenn sich auf diese Weise Pseudolithoxus nicoi verbreitet hat, dann dürfte gleiches für Zonancistrus brachyurus (L 168) und Zonancistrus sp. “L 52” zutreffen.
Bild 1: Semiadulte Zonancistrus brachyurus (L168)
Einordnung und Herkunft
Die Gattung Zonancistrus wurde 2001 von Isaak J. H. Isbrücker aufgestellt. Der Gattungsname deutet auf die kontrastreiche Bänderung (zona = Band) der Tiere hin und ihre Zugehörigkeit zum Tribus Ancistrini, welcher sich durch ausstülpbare Odontoden am Kiemendeckel auszeichnet. Weitere Erkennungsmerkmale sind der extrem flache, breite Körperbau und der stark gekielte Schwanzstiel. Mit etwa 15 cm Körperlänge gehören sie auch zu den kleineren Harnischwelsen.
Die Gattung Zonancistrus wird derzeit nicht von allen Ichthyologen anerkannt. Die Zonancistrus-Arten sind dann der Gattung Dekeyseria zugeordnet und werden in der brachyura-Gruppe zusammengefasst. Im Handel taucht die Art oft als Peckoltia pulcher, Peckoltia brachyurus, Peckoltia sp. „Butterfly“ bzw. Schmetterlingsharnischwels auf.Zonancistrus brachyurus stammt aus dem Einzugsgebiet des Rio Negro im Norden Brasiliens. Bewohnt werden von ihnen vor allem Scharzwasser-Flüsse. Sie wurden aber auch schon in Klar- und Weißwasserflüssen nachgewiesen. Schwarzwasser zeichnet sich durch einen niedrigen pH-Wert, niedrige Karbonathärte (Säurebindungsvermögen) und niedrige Leitfähigkeit aus.
Einrichtung eines Artbeckens
Aus Platzgründen musste sich zunächst unsere Zonancistrus-Gruppe ein 300 L-Aquarium mit einer Gruppe Ancistomus sp. „L 387“ teilen. Die Vergesellschaftung war vollkommen unproblematisch.
Es war abzusehen, dass die Wasserwerte für die Vermehrung der Zonancistrus nicht so zu verändern seien würden, dass die Ancistomus dieses garantiert unbeschadet überstehen. Für die Zonancistrus musste also ein Artbecken eingerichtet werden.Das Zuchtaquarium hat eine Größe von 120 x 40 x 50 cm (240 Liter). Als Bodengrund habe ich Kies der Körnung 1 – 3 mm gewählt.
Gefiltert wird das Becken über einen Aquaball 2212 und einen Sera Innenfilter L 150.
Das Aquarium befindet sich im Aquarienkeller, welcher i. A. eine Raumtemperatur von ca. 25 °C hat. Das Becken wird durch zwei Stabheizer (je 50 W) auf einer Temperatur von ca. 28 °C gehalten.
Bei zu erwartenden pH-Werten um 5 halte ich die gelegentliche Kontrolle mit Tröpfchentests für zu riskant. Daher installierte ich ausschließlich für die permanente Kontrolle des pH-Wertes einen CO2-Controller von Dennerle. (Grundsätzlich wird bei uns kein CO2 mehr in Aquarien eingeleitet.)
Mit einem Sprudelstein im Aquarium wird zusätzlich Sauerstoff ins Aquarienwasser eingebracht.
Das Becken wird nicht beleuchtet.
Mit mehreren Mangroven-Wurzeln wurde das Becken strukturiert. Meiner Meinung nach muss man die Strukturierung auch nicht übertreiben, da die Tiere keinerlei territoriales, viel mehr Gruppenverhalten zeigten.
Zunächst hatte ich in das Becken diverse einseitig offene Welshöhlen aus Ton gelegt. Diese Höhlen wurden jedoch nicht angenommen. Aus Literatur und Internet wusste ich, dass die Tiere bevorzug von unten unter Steinvorsprüngen oder in Steinspalten, die ggf. auch senkrecht sein können, abgelaicht haben. Nach und nach fertigte ich zweiseitig offene Welshöhlen (s. u.) und ersetzte im Laufe der Zeit einige Tonhöhlen.
Bild 2: Semiadulte Zonancistrus brachyurus (L168)
Welshöhlen?
Die Welshöhlen sind ausgesprochen einfach gebaut.
Pro Höhle habe ich Schieferplatten folgender Größen geschnitten
• 1 Schieferplatte ca. 8 x 20 cm als Decke,
• 1 Schieferplatte ca. 8 x 17 cm als Boden und
• 2 ( oder 4*) ) rechteckige Schieferstreifen ca. 15 x 1,8 – 2,8 cm als Seiten.
Die Streifen wurden leicht diagonal auf den Boden und die Decke geklebt, so dass sich die Höhlen von einem zum anderen Ausgang leicht verjüngen. Durch das Anfertigen der Höhlen in verschiedenen Höhen wollte ich den Tieren eine Auswahl ermöglichen.
*) Teilweise habe ich die Höhlen im Stecksystem gebaut. Dann wurde auf Boden- und Deckenplatte jeweils 2 Seitenstreifen so geklebt, dass diese schlüssig ineinander gesteckt werden konnten. Dieses erlaubt, die Höhlen bei Bedarf, zum Beispiel zur Entnahme des Geleges, auseinander zu nehmen.
Bild 3: Schieferspalte für Zonancistrus brachyurus (L168)
Ernährung
Bild 4: Maul eines Zonancistrus brachyurus (L168)
Zonancistrus sind Allesfresser.
Die adulten Tiere füttern wir zumeist mit DuplaRin G oder XL etwa im Verhältnis 2:1. Gelegentlich werden aber auch Welschips von anderen Herstellern gegeben.
Futter erhalten die Tiere zwei Mal am Tag. Ein Mal pro Woche bekommen die Tiere Frostfutter (Artemia, Cyklops, Mückenlarven, …).
Gemüse wurde zwar öfters ins Aquarium gelegt, aber sehr, sehr selten gefressen.
Besondere Anforderungen an das Wasser
Bis Juli 2008 wurde das Aquarienwasser wöchentlich zu ca. 30% gewechselt.
Da dieses keinen Zuchterfolg brachte, entschloss ich mich, die Strategie zu wechseln. Die nächsten 4 Wochen wurde kein Wasserwechsel gemacht. Dann folgte an 3 aufeinanderfolgenden Tagen jeweils ein 50%-iger Wasserwechsel. 12 Tage später konnten wir dann das erste Gelege entdecken. Das Männchen lag auf den Eiern und wedelte emsig mit den Flossen.
Bild 5: Zonancistrus brachyurus (L168) bei der Brutpflege
Bild 6: … es geht auch anders herum
Das Wechselwasser setzte sich stets aus ca. 25% Leitungswasser und 75% vollentsalzenem Wasser oder Regenwasser zusammen. Das Wechselwasser hatte etwa einen pH-Wert von ca. 6,8. Die pH-Wert-Schwankung durch den Wasserwechsel nivellierte sich binnen weniger Stunden.Angesäuert wurde das Wasser zunächst mit Torf. Bei einem pH-Wert unter 5,5 beschränkte ich mich dann auf Erlenzapfen und Seemandelbaumblätter.
Vermehrung
Am 8. Tag nach dem Gelege konnten wir die ersten kleinen Zonancistrus im Becken entdecken. Während dieser Zeit hat sich die Farbe der Eier von blass gelb zu einem kräftigem goldgelb verändert. Die Eier hatten einen Durchmesser von ca. 3,5 mm. Unerklärlicher Weise wurden sie während der 8 Tage ca. 15% kleiner im Durchmesser.Von den Weibchen lassen sich Männchen durch die wesentlich längeren Odontoden auf dem Pektoralstrahl und schlankere Hüften unterscheiden. Die Genitalpapille des Männchens erscheint spitzer.
Vater und Mutter sind beide etwas über 13,5 cm groß. Deutlich zu erkennen sind bei ihm auch die typischen, während der Paarung / Brutpflege verlängerten Ventralen.
Bild 7: Männchen Zonancistrus brachyurus (L168)
Bild 8: Weibchen Zonancistrus brachyurus (L168)
Bild 9: Weibchen Zonancistrus brachyurus (L168) – kurz vor einem Gelege
Bild 10: Verlängerung der Ventrale des Männchens (nach 5. Gelege)
Die Wasserwerte zu den Gelegen in chronologischer Reihenfolge:
Datum | Nummer | Temp. | pH | GH | KH | Leitf. | Sonstiges |
---|---|---|---|---|---|---|---|
01.10.08 | 110 | 28 | 4.65 | 1 | 1 | 104 | Artbecken |
11.11.08 | 95 | 28 | 5.07 | 1 | 1 | 259 | Artbecken |
13.12.08 | 96 | 28 | 4.81 | 1 | 1 | 295 | im Artbecken |
29.10.08 | 48 | 28 | 4.80 | 1 | 1 | 192 | Artbecken |
30.11.08 | 82 | 28 | 4.92 | 1 | 1 | 238 | im Artbecken |
30.12.08 | 28 | 6.00 | 1 | 1 | 201 | Gelege entnommen |
Der Anstieg von Leitfähigkeit und Nitrat ist auf die Fütterung der Nachzuchten zurückzuführen.
Das 6. Gelege kam 6 Tage nach dem Umsetzen der Gruppe in ein anderes Becken zustande. Aufgrund der bereits sehr großen Anzahl an Nachzuchten, habe ich diese Gelege entnommen.
Bild 11: Wenige Stunden altes Gelege von Zonancistrus brachyurus
Aufzucht
Die ersten Zonancistrus kamen offensichtlich vom „Kopfende der Höhle“, da die Eier am „Schwanzende“ unverändert lagen. Binnen 1,5 Tagen haben wir mehr als 50 Jungfische aus dem Becken gefangen. Die Tiere hatten zu dem Zeitpunkt eine Größe von ca. 7 bis 10 mm.Am 2. Tag wurde mir das langsam zu mühselig, so dass ich mich entschloss, für die restlichen die Höhle in einen 30 cm-Einhängekasten zu legen. Ca. 4 Stunden später bemerkte ich, dass das Männchen vor der Höhle war, die Brutpflege offensichtlich aufgegeben hatte. Das Männchen setzte ich daher in das große Aquarium zurück. Die Höhle platzierte ich im Einhängekasten, so dass sie ständig vom einlaufenden Wasser durchströmt wurde.
An den nächsten Tagen passierte mit den Eiern nichts Ersichtliches.
Nach den 7 Tagen schienen sich einzelne Eier aufzulösen. Aus diesem Grund entschlossen wir uns, auf einen alten Züchterkniff zurückzugreifen, den wir noch nie ausprobiert hatten. Wir nahmen die Höhle aus dem Wasser und ließen die Eier an der Luft antrocknen (ca. 30 Minuten). Anschließend steckten wir die Höhle wieder ins Wasser zurück. Wenig später konnten wir 22 Tiere im Einhängekasten sehen. Für die anderen war es wohl schon zu spät. Abgesehen davon, dass die Nachzügler nun kleiner sind, als die Erstgeschlüpften, konnten wir bisher keine negativen Erfahrungen mit diesen Tieren machen.
In einer ähnlichen Situation, dass ein Gelege derart ungleichmäßig schlüpft, werden wir also künftig eher reagieren.
In dem Einhängekasten hatten wir eine dünne Schicht aus Quarzsand eingebracht und zwei, drei kleine Stücke von Seemandelbaumblättern und kleine Holzstückchen gelegt. Ein paar Turmdeckelschnecken sollten das Putzen des Einhängekastens übernehmen.
Bild 12: Zonancistrus brachyurus, am 1. Tag, ca. 7 mm
Bild 13: Einhängekasten (Gerdkasten) zur Aufzucht, am 2. Tag
Die Nachzuchttiere wurden zunächst mit JBL NobilFluid und ein Pulver aus zermahlenen Cyclop Eeze, JBL Tabis und JBL Novotom gefüttert. Wenn möglich, wurde bis zu fünf Mal täglich Futter in die Einhängekästen gegeben.
Übermäßige Futterreste wurden täglich einmal abgesaugt. Die Aufzucht gestaltet sich relativ einfach.
Bild 14: Zonancistrus brachyurus am 13. Tag, ca. 12 mm
Bild 15: Zonancistrus brachyurus am 13. Tag, ca. 12 mm
Bild 16: Nach 18 Tagen hatten die Tiere eine Größe von 10 bis 15 mm erreicht.Inzwischen ist das Männchen wieder dabei seine Höhle zu polieren und das Weibchen schaut immer Mal nach, wie weit er ist. Das nächste Gelege ist wohl nur eine Frage der Zeit …Eine weitere Woche ist vergangen, die größten Tiere haben inzwischen eine Länge von ca. 22 mm. Bezüglich Farbe und Muster gab es keine auffälligen Veränderungen. Die später Geschlüpften sind größenmäßig etwa 10 mm zurück. Verluste waren während dieser Woche in keiner der beiden Gruppen erkennbar.
Inzwischen haben wir weitere Tiere aus dem großen Aquarium gefangen. Insgesamt sind wir nun bei 110 Nachzuchttieren aus diesem Gelege.
Bild 17: Zonancistrus brachyurus am 25. Tag, ca. 22 mm
Bild 18: Zonancistrus brachyurus am 25. Tag, die Zähnchen sind schon zu erkennen
Genau 4 Wochen nach dem ersten Gelege entstand das Zweite. So wie es aussieht, ist dieses nicht ganz so groß wie das erste.Am 32. Tag haben die Tiere eine Größe zwischen 25 und 30 mm. Die Tiere sind stark in die Länge gewachsen, haben in der Breite jedoch kaum zugelegt. Bei manchen Tieren sind auf dem Pecktoralstrahl Odontoden zu erkennen.
Bild 19: Zonancistrus brachyurus am 25. Tag, die Zähnchen sind schon zu erkennen
Bild 20: Pektorale eines 32 Tage alten Zonancistrus brachyurus, auf dem Pektoralstrahl sind Odontoden erkennbar
Da in wenigen Tagen der nächste Nachwuchs zu erwarten ist haben wir heute zunächst ca. 1/3 (aus Sicherheitsgründen nur ein Teil) der Tiere in unsere Anlage umgesetzt. Das größte Problem schien mir der große Unterschied des pH-Wertes zu sein: Elternbecken ~4,8, Anlage ~7,2. Aus diesem Grund habe ich den Einhängekasten in ein leeres Aquarium gesetzt und dann über eine Stunde verteilt langsam Wasser aus der Anlage zulaufen lassen, so dass der pH-Wert sich fast angeglichen hat. Anschließend setzte ich die Nachwuchstiere in ein 60 Liter-Becken der Anlage.
Bild 21: Beim Umsetzen – Angleichen des Wassers
Inzwischen haben wir den 39. Tag seit dem ersten Gelege. Während der letzten 7 Tage sind die Welse kaum gewachsen. Die Größten sind nun bei 32 mm.
Bild 22: Zonancistrus brachyurus am 39. Tag, ca. 32 mm lang.
Inzwischen haben die ersten umgesetzten Nachzuchten eine Woche (39. Tag) verlustfrei in der Anlage überstanden, so dass ich ohne Bedenken die restlichen in die Anlage überführen konnte.Offensichtlich haben sich alle umgesetzten Zonancistrus brachyurus gut eingelebt. Die ersten Tage waren sie noch etwas zögerlich mit Futtertabletten. Inzwischen haben sie sich daran gewöhnt. Offensichtlich haben sie eine Vorliebe für mehr pflanzlich orientierte Chips. Die größten Welse sind ca. 37 mm groß.
Bild 23: Zonancistrus brachyurus, am 46. Tag, ca. 37 mm
Nach Vergleich der Zahlen von Einsetzen in den Einhängekasten und vom Umsetzen vom Einhängekasten in die Anlage sind ca. 98% der Nachzuchten mehr als 4 Wochen alt geworden. In der Anlage waren keine Verluste zu beobachten.
Bild 24 : Zonancistrus brachyurus im Alter von 3 Monaten, ca. 5 cm
Bild 25 : Ein Teil der Rasselbande nach 3 Monaten
Nach 3 Monaten haben die Nachzuchten eine Größe bis 52 mm erreicht. Die Tiere scheinen nun für die Abgabe groß genug zu sein.
Fazit
Die Tiere der Gattung Zonancistrus sind sehr interessant. Zeigen sie sich nicht gerade in Schreckfärbung, so sind sie sehr kontrastreich, attraktiv gefärbt. Die Pflege der Tiere ist relativ einfach, wenn man ihnen trotz der heutigen Energiekosten ein warmes Becken zur Verfügung stellt.Die Vermehrung macht schon etwas mehr Aufwand, wird aber auch entsprechend belohnt. Sind sie einmal in entsprechender Stimmung sind sie kaum zu bremsen.Verwendete Quellen:
[1] Ingo Seidel, Hans-Georg Evers: Welsatlas Band 2, 2005
[2] André Werner, Walter Lechner, Dr. Jürgen Schmidt,: Miniatlas L-Welse, 2005
[3] Ingo Seidel, Back to Natur – Handbuch für L-Welse, 2008