Treffen der Welsfreunde – Negast 2010

In jedem Frühjahr treffen sich in Negast bei Stralsund viele Welsfreunde um aktuelle Informationen und Erfahrungen auszutauschen. Der Jagdhof Negast bietet dafür ein sehr gutes Ambiente.

Freitag, 16.04.2010

Freitagnachtmittag und -abend reisten die meisten Teilnehmer an. Bereits am späten Abend begann das Programm.

Hans-Georg Evers berichtete uns über seine Reise an den Rio Paraná in Argentinien am Anfang dieses Jahres. Eine besondere Rolle spielten Süßwasserrochen, die offensichtlich gegenüber anderen Aquarienfischen bevorzugt aus Argentinien exportiert werden. Auch Welse wie Hypostomus commersoni, Hypostomus regani, Hypostomus roseopunctatus, Hypostomus auroguttatus, Hypostomus ternetzi, Pseudohemidon laticeps und viele andere in Argentinien gefangene Fische konnte er uns zeigen.

Rainer Melzer brachte uns Bilder von seinen Erstnachzuchten Pterosturisoma microps mit. Auch zu später Stunde waren alle aufmerksam.

Sonnabend, 17.04.2010

Sonnabendmorgens war der offizielle Start des Treffens. Zu diesem Zeitpunkt waren knapp 60 Teilnehmer angereist. Weitgereiste Gäste kamen aus der Schweiz und Österreich. Dr. Peter Debold eröffnete offiziell das Treffen.

Mike Hemmann berichtete über seine abenteuerliche Reise 2009 nach Suriname. Auf der Reise war wohl das “Randgeschehen” eindrucksvoller als die vielen Fische, die gefangen wurden. Angefangen von einem Führer, der nicht gerade die optimale Route kannte, einer sehr hinderlichen Verletzung im Dschungel bis zum Zuschlag des Zolls in Amsterdam wegen vermeintlicher unzureichender Einhaltung der Transportbestimmungen, trotz aller vorher beschafften Transportpapiere. So wurde die Reise zu einem Desaster, wie Mike es nannte. Fazit: wer selber Fische im Ausland fängt, sollte möglichst dort auch einen professionellen Exporteur suchen, der die Fische dann sicher nach Deutschland schickt.


Ein Blick auf das interessierte Publikum.

Der nächste Vortrag kam von Andreas Lettner: “Fischfang in Paraguay 2001”. Andreas berichtete uns über reichlich
10 Fangorte: welche Fische gefangen wurden und welche Wasserwerte er am jeweiligen Fangort gemessen hatte.
Um zumindest ein paar gefangene Arten zu nennen: Corydoras hastatus, Apistogramma borelli, Liposarcus anisitsi.

Die wenigen Pausen wurden für Diskussionen in kleinen Kreisen genutzt.

Um die Gattung Hypancistrus und deren Erhaltungszucht, die im Aufgabenbereich der AG L-Welse liegt, ging es im folgenden Vortrag von Ingo Seidel. Von verschiedenen Hypancistren sind ausreichend Nachzuchten bekannt.
Ingo nannte aber auch unsere “Problemwelse”:
Hypancistrus inspector (“L 102”), Hypancistrus sp. “L 174” und Hypancistrus sp. “L 316”.

Besonders interessant waren auch die Informationen von Hans-Georg Evers zum Staudammbau am Rio Xingú:
So wurde einst, um den Fangort von Hypancistrus zebra (“L 46”) geheim zu halten, gesagt, dass dieser eine Stunde stromaufwärts von Altamira sei. Tatsächlich sind die Fangorte eine Stunde stromabwärts, in einer Schleife zwischen Altamira und Belo Monte. Im Rahmen des Staudammbaues ist vorgesehen, diese Flussschleife auf einer Länge von 100 Kilometern trocken zu legen, um sicherzustellen, dass während der Trockenzeit die Turbinen am neuen Staudamm mindestens mit 10% Kapazität arbeiten können.

Auf Betreiben eines Richters gab es einen Stopp des Staudammvorhabens. Begründet wurde dieses mit der Tatsache, dass in dieses künftige Stausee-Gebiet vor ca. 60 Jahren Menschen zwangsumgesiedelt wurden, deren Belange heute in Hinblick auf den Staudammbau nicht berücksichtigt wurden. Der brasilianische Präsident hat allerdings schon erklärt, dass das Staudammprojekt auf jeden Fall umgesetzt wird. Besonders pikant wird dieses, wenn man bedenkt, dass der brasilianische Präsident einst Politiker einer grünen Partei war. (Siehe auch: “
Tausende Indianer im Überlebenskampf gegen Riesenstaudamm Belo Monte
“.)

Auch von der IBAMA gibt es neue, traurige Nachrichten. Zwei führende Mitarbeiter, die sich gegen das Staudammprojekt gestellt hatten, wurden aus ihren Ämtern gedrängt, um den Weg für den Staudammbau frei zu machen. Über den Staudammbau am Rio Xingu wird viel geredet. Dieses lenkt aber auch von zig anderen Stellen ab, an denen in Brasilien schon Bagger und anderes Gerät den Grundstein für neue Staudämme schaffen. So zum Beispiel am
Rio Madeira.

Besonderes interessant waren auch Ingos Ausführungen zu den durch die Arterhaltungszucht befürchteten Problemen: Inzucht, Selektion und Hybridisierung.

In Hinblick auf die “aquaristische Erhaltungszucht” gibt es also viel für uns zu tun. Helft bitte mit, diese Aufgabe zu lösen.

Nach dem Mittag folgte Ingo Seidels zweiter Streich: “Die Harnischwelse des oberen Rio Orinoco”. Ingo stellte uns verschiedene Fundorte vor und benannte die Arten, die an dem jeweiligen Fundort vorkommen. So erfuhren wir, dass der Ancistomus sp. “L 387” doch nicht aus dem Rio Meta-Einzug stammt, dass mehrere unterschiedliche Panaqolus maccus ähnliche Arten vom oberen Orinoco-Einzug importiert werden, der Panaqolus maccus (L162) jedoch der einzige mit Filamenten ist, dass es neben Hypancistrus debilittera (“L 129”) und Hypancistrus sp. “L 340” noch einen weiteren, diesen beiden Arten ähnlichen Hypancistrus am oberen Rio Orinoco gibt und noch vieles mehr.

Im Anschluss berichtete uns Joachim Knaak über einheimische Problem-Themen. So wurde zum Beispiel die
Karausche zum Fisch des Jahres und der Komoran – ein “Fischräuber” und Feind der Karausche – zum Vogel des Jahres gewählt. An vielen Seen werden die Kormorane daher abgeschossen.

Joachim Knaack machte uns deutlich, dass hier doch viel Vernunft notwendig ist. Er rechnete an einem Beispiel vor, wie viel
Kilogramm Fisch eine Komoran-Population am Stechlinsee pro Jahr verbraucht und verglich dieses mit dem jährlichen Fischzuwachs des Sees. Die Komorane stellen dort in ihrer kleinen Population keine Gefahr für den Fischbestand dar. Es ist dort also widersinnig, diese Population einheimischer Vögel auszurotten.

Hans-Georg Evers besuchte im letzten Jahr Borneo. Eigentlich ist die Trockenzeit günstig, um Aquarienfische zu fangen. Hans hatte aber offensichtlich eine Zeit getroffen, in der es viel zu trocken war: Flussläufe und Seen waren zum großen Teil ausgetrocknet. Dieses Phänomen soll auf Borneo so ziemlich aller 30 Jahre auftreten. (Ihr habt jetzt also 29 Jahre bis zur nächsten großen Trockenzeit. 😉 )
Ein paar Fische fing er dennoch.

Interessant ist sicherlich auch seine Buchempfehlung für Freunde der Flossensauger:
“The Borneo Suckers: Revision of the Torrent Loaches of Borneo (Balitoridae: Gastromyzon, Neogastromyzon)” von Tan Heok Hui

Der Tag fand bei einem gemütlichen Menü, mit Diskussionen bis spät in die Nacht – für manchen auch früh am Morgen – seinen Ausklang.

Sonntag, 18.04.2010

Trotz der kurzen Nacht war am Sonntagmorgen das Publikum nahezu vollzählig.

Eckhard Fischer hat sich über 3 Jahre intensiver mit importierten Tieren der Gattung Synodontis beschäftigt. Das bestimmen vieler Tiere war äußert schwierig, teilweise nicht lösbar. Einerseits stellten sich Hinweise auf Erstbeschreibungen als ausgesprochen fraglich heraus, andererseits hatte es Eckhard immer mal wieder mit vermeintlichen Hybriden zu tun. Es war sehr interessant, welche Synodontis nach Deutschland importiert werden.

Im zweiten Vortrag des Tages ging es um “Baryancistrus” beggini (“L 239”) und dessen Nachzucht.

Erik Schiller berichtete über die erfolgreiche Vermehrung der Panzerwelse Corydoras sp. “CW37” und Corydoras sp. “CW38”. (Für die Links – Anmeldung erforderlich.)

Den letzten Vortrag der Veranstaltung hielt Andreas Lettner über die Nachzucht von Ancistrus pirareta (LDA 53).


Dr. Peter Debold beendete das diesjährige Welstreffen.

Vielen Dank Dr. Peter Debold für die hervorragende Organisation und allen Vortragenden für die interessanten Themen.
Auf Wiedersehen im nächsten Jahr …

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